Von Bernhard Stegmayer
Sorgen und Stress sind Teil unseres Lebens – keine Frage. Reden wir hier mal nicht von Schicksalsschlägen oder schweren psychischen Erkrankungen, sondern von der Bewältigung des ganz normalen Alltags. Der wird für viele zunehmend zum Wahnsinn. Die Statistiken zeigen, dass das emotionale, psychische und soziale Wohlbefinden unserer Gesellschaft alarmierend sinkt. Depressionen, Angst- und Verhaltensstörungen sowie Psychosen nehmen auch bereits bei Jugendlichen zu.
Du musst nur wollen …
Das Internet und damit viele – auch selbsternannte – Coaches geben oft hilfreiche Tipps. Doch diese gut gemeinten Ratschläge belasten Angeschlagene oft noch zusätzlich. Schlagsätze wie: «Du schaffst das, du musst nur das Ziel visualisieren, du kannst deine maximale Leistungsfähigkeit abrufen, wenn du …» Doch was, wenn nicht einmal das Wollen klappt?
Ich kriege es nicht auf die Reihe!
Dieses Bekenntnis wäre der erste Schritt zur Besserung, soein altes Sprichwort. Norbert Zumbühl, Käser und Landwirtschaftsmeister, kennt diese Problematiken. Er hat viele Jahreorientierungslose, suchtkranke, überforderte und erschöpfte Menschen in seiner achtköpfigen Familie aufgenommen.Wer hier herkam, hatte meist ein Problem. Auf dem abgelegenen Gade Huismatt, auf 1240 m, kam vordergründigein weiteres Problem hinzu: die Ab-geschieden-heit. «Hier oben ist es still, manchmal sehr still», sagt Norbert Zumbühl. Für viele sei das am Anfang schwer auszuhalten. Weg von der Szene, dem Lärm, der Hektik. Aber genau dieses Umfeld ermöglicht eine ehrliche Reflexion.
Die Natur macht es uns vor
Unser Wohlbefinden hängt stark von eingeübten Gewohnheiten ab. Dazu gehört ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung, Bewegung, Erlebnisse in der Natur sowie ein gutes soziales Umfeld und die Familie, wo Menschen Wertschätzung und ein positives Identitätsgefühl erleben.
«Von allem nicht zu viel!»
So lautet ein Kernsatz des Nidwaldners. Wer aus dem Tritt kommt, hat meist ein «Zuviel» in seinem Lebensstil. Ob im Beruf, an Erwartungen, Optionen bei der Freizeitgestaltung, an Informationen usw. «Oft fehlt meinen Gästen eine gesunde Struktur. Hier auf dem Hof ist sie klar: früh aufstehen, mitarbeiten, essen, ausspannen, arbeiten, zusammen reden, spielen und beten. Das braucht etwas Zeit, bis man die Stärke dahinter erkennt und sie erlebt.» Um den Alltag zu meistern, braucht es einfach Zeit für ehrliche Gespräche. Mit dem Partner, einem Freund, Coach oder Seelsorger und letztlich mit Gott, dem Baumeister des Lebens. Zumbühls nehmen sich täglich Zeit, lassen den Sonntag Sabbat sein, können Nein sagen und absolvieren Einkehrtage. «Ein verlängertes Wochenende im Kloster bringt viel mehr Energie in unser Leben, als zwei Wochen in einem überfüllten Hotel.»